In unserem Beitrag “GOÄ: Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte – so klappt’s!” haben wir Ihnen die Grundlagen der Abrechnung nach der GOÄ erklärt. In dieser zweiteiligen Beitragsreihe gehen wir nun einen Schritt weiter. Wir geben Ihnen einen Überblick über den gesamten Abrechnungsvorgang in der Arztpraxis und machen Sie fit für die nächste Abrechnung.
Im ersten Teil erfahren Sie alles über die Rahmenbedingungen und Grundlagen der ärztlichen Abrechnung. Außerdem erhalten Sie wertvolle Tipps zur Abrechnung bei Kassenpatienten. Im zweiten Teil gehen wir dann auf privatärztliche (Zusatz-)Leistungen und die Abrechnung bei Privatpatienten ein.
Grundlagen: Wie funktioniert die Abrechnung in der Arztpraxis?
Bei der Abrechnung ärztlicher Leistungen ist zunächst zwischen zwei Kategorien zu unterscheiden. Auf der einen Seite stehen Leistungen, die nach den Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) abgerechnet werden; auf der anderen Seite solche Leistungen, die nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abzurechnen sind.
Unterschiede: Die Abrechnung nach dem EBM und nach der GOÄ
Die Abrechnung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab umfasst sämtliche Leistungen, die unter die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) fallen. Der EBM ist dabei die zentrale Vergütungsordnung, nach der das Arzthonorar für die Kassenleistungen berechnet wird. Er wird jedes Quartal fortlaufend aktualisiert und ist (auch mit Suchfunktion) auf der Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) abrufbar. Die gesetzliche Grundlage für den EBM findet sich in § 87 des fünften Sozialgesetzbuches. Dort heißt es in § 87 Abs. 2 SGB V:
“Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen”
Die Abrechnung selbst erfolgt dann in der Weise, dass die Leistungen des Arztes einmal pro Quartal als Aufstellung bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eingereicht werden. Nach der Prüfung durch die KV nimmt diese dann die Abrechnung mit den Krankenkassen der Patienten vor. Das Honorar wird dann von der KV in Form von monatlichen Abschlagszahlungen gezahlt. Die Schlusszahlung eines jeden Quartals erfolgt erst im jeweils übernächsten Quartal.
Die privatärztlichen (Zusatz-) Leistungen werden hingegen nicht nach dem EBM, sondern grundsätzlich nach der GOÄ abgerechnet. Dies geschieht im Gegensatz zur kassenärztlichen Abrechnung mit dem Patienten selbst! Einerseits umfasst die GOÄ-Abrechnung Leistungen an Privatpatienten. Andererseits werden nach der GOÄ aber auch Leistungen an Selbstzahlern abgerechnet. Selbstzahler sind gesetzlich versicherten Patienten, die über die normale Behandlung hinaus individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) in Anspruch nehmen wollen.
Es ist kein Geheimnis, dass die Abrechnung nach der GOÄ – und damit die Behandlung von Privatpatienten – im Regelfall deutlich lukrativer ist als die Abrechnung im GKV-Bereich. Hinzu kommt, dass die kassenärztliche Abrechnung nach dem EBM auch noch erhebliche Risiken mit sich bringt, wenn beim Abrechnungsvorgang etwas übersehen oder schlichtweg falsch beschrieben wird. Um Ihr Durchschnittshonorar effektiv steigern zu können, werden Sie also nicht umhin kommen, den Privatpatientenanteil in Ihrer Praxis zu erhöhen.
Trotzdem gehören die Regeln der kassenärztlichen Abrechnung zu den Grundkenntnissen eines niedergelassenen Arztes. Denn eine profitable Abrechnungsstrategie lässt sich nur dann entwickeln, wenn man die Vorteile der GOÄ-Abrechnung versteht. Das funktioniert jedoch bloß, wenn man zur Abgrenzung die Fallstricke des EBM kennt.
Die EBM und die Rolle der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen)
Die kassenärztliche Abrechnung ist aus vielen Gründen schwierig und in der Hektik des Alltags deshalb nicht einfach zu bewältigen. Ein maßgeblicher Grund ist die Komplexität des EBM. Nicht nur unterliegt der EBM ständigen, teils tiefgreifenden Veränderungen. Er ist auch nicht aus sich selbst heraus verständlich. Vielmehr muss derjenige, der in der Praxis die Abrechnung vornimmt, auch die Rolle der Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen kennen, um eine korrekte Abrechnung erstellen zu können.
So gibt es nicht nur im EBM Ziffern, denen eine abrechenbare Leistung zugeordnet ist. Darüber hinaus gibt es auch noch Sondervereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den jeweiligen KVen. In diesen Vereinbarungen sind Leistungen geregelt, welche im EBM nicht enthalten sind, die aber über die Sondervereinbarung trotzdem vergütet werden.
Die Sonderverträge der KV Nordrhein können Sie hier online abrufen.
Die Abrechnung bei Kassenpatienten nach dem EBM
Für die Abrechnung reichen Sie bei der zuständigen KV eine Aufstellung aller Leistungen ein, die Sie an gesetzlich versicherten Patienten erbracht haben und die nach dem EBM oder nach den jeweiligen Sondervereinbarungen abrechnungsfähig sind. Zusätzlich muss die Aufstellung das Datum der Leistung und eine entsprechende Diagnose erhalten. Von enormer Relevanz für eine korrekte und effiziente Abrechnung ist deshalb von Anfang an eine ordentliche Dokumentation aller Behandlungen, entweder noch im Behandlungsraum, spätestens aber am Ende eines jeden Tages.
Das ist im Berufsalltag leichter gesagt als getan, denn wie bereits oben gesagt ist der EBM nicht starr, sondern wird fortlaufend aktualisiert und teils grundlegend verändert. So werden vom Gesetzgeber beispielsweise immer wieder neue Komplexpauschalen gebildet oder aufgelöst, die Leistungslegenden eingegrenzt oder erweitert, oder es werden neue Abrechnungstatbestände geschaffen. Hier den Überblick zu behalten ist im Praxisalltag eine enorme Herausforderung.
Es ist deshalb durchaus sinnvoll, ein professionelles Abrechnungsunternehmen einzuschalten. Diese Firmen beobachten die gebührenrechtlichen Entwicklungen intensiv und verursachen vergleichsweise niedrige Zusatzkosten für Sie. Dazu mehr in Teil 2 unserer Beitragsreihe zur Abrechnung in der Arztpraxis.
Die Abrechnung des Arztes nach Punkten
Wer einen Blick in den aktuellen EBM wirft, wird feststellen, dass dort für jede abrechnungsfähige Leistung Punkte vorgesehen sind. Die Abrechnung mit der KV wird mittels dieser Punkte vorgenommen. Dabei gibt es jedoch keinen festen Umrechnungskurs, wie viel ein Punkt wert ist. Um Planungssicherheit zu schaffen, gibt es deshalb das sogenannte Regelleistungsvolumen (RLV) und das qualifikationsgebundene Zusatzvolumen (QZV). Mit diesen beiden Instrumenten wird jeder Praxis von der für sie zuständigen KV ein individuelles Leistungsvolumen in Punkten zugewiesen. Innerhalb dieses zugewiesenen Volumens wird der Praxis ein fester Punktwert zugesichert. Rechnet der Arzt im Abrechnungszeitraum jedoch mehr Punkte ab, werden diese Leistungen nicht mehr vollständig, sondern nur noch anteilig mit dem sog. Restpunktwert vergütet. Auch deshalb sollten Sie Ihr Leistungsspektrum um privatärztliche Leistungen erweitern, um Honorareinbußen entgegenzuwirken.
Fazit zur Abrechnung ärztlicher Leistungen: Gewusst wie!
Die kassenärztliche Abrechnung ist komplex und gerade für Berufseinsteiger im Praxisalltag kaum zu bewältigen. Es empfiehlt sich deshalb, bei der Erstellung einer lukrativen Abrechnungsstrategie auf kompetente Beratung zu setzen.
engelpunkt kann sowohl bei der steuerlichen, als auch bei der rechtlichen Beratung im Gesundheitswesen auf langjährige Erfahrung zurückblicken. Wir freuen uns, Sie bei der Erstellung Ihrer ganz persönlichen Strategie begleiten und unterstützen zu dürfen. Als Experten im Gebührenrecht stehen unsere Steuerberater und Rechtsanwälte Ihnen beim Praxismanagement gern zur Seite. Vereinbaren Sie dazu einfach einen persönlichen Beratungstermin in unserer Kanzlei.