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Wirtschaftliche Aufklärung von Patienten ist Pflicht für Ärzte

21.07.2017 16:57 – Harald Engel jun.

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Vor jeder Behandlung dasselbe: Bevor es richtig losgeht, müssen Ärzte ihre Patienten erstmal umfassend aufklären; und das nicht nur über die Behandlung selbst. Zu den Aufklärungspflichten des Arztes gehört vielmehr auch noch eine Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung. Das heißt, der Arzt muss auf alle Kosten hinweisen, die den Patienten durch die Behandlung treffen könnten. Warum ist das notwendig?

Sie erfahren in diesem Beitrag nicht nur, warum Sie mit den Patienten ein wirtschaftliches Aufklärungsgespräch führen müssen und welche Risiken eine mangelhafte Aufklärung birgt. Wir geben Ihnen auch wertvolle Tipps, wie Sie dieses Gespräch gestalten können. So sichern Sie sich selbst ab und entgehen der Gefahr, dass der Patient – wie in einem aktuellen Urteil des OLG Celle entschieden (siehe weiter unten) – am Ende gar nicht zahlen muss, weil er nichts von der Bedeutung der anfallenden Zusatzkosten wusste.

Die wirtschaftliche Aufklärung im Kontext der ärztlichen Aufklärungspflichten

Dass Patienten vor Behandlungsbeginn aufgeklärt werden müssen, ist nicht erst seit Einführung des neuen Patientenrechtegesetzes im Jahr 2013 allgemein anerkannt. Dieses Gesetz hat in den §§ 630a bis 630h des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in weiten Teilen lediglich das festgeschrieben, was die Rechtsprechung auch vor dem Gesetz von den Ärzten verlangte.Damit sind aber die Aufklärungspflichten des Arztes nun auch ausdrücklich festgeschrieben. Und so sagt uns dann § 630c Abs. 3 Satz 1 BGB:

“Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen  Dritten nicht gesichert ist oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.”

Zusammengefasst: Den behandelnden Arzt trifft in zwei Fällen eine Hinweispflicht für alle voraussichtlichen Kosten der Behandlung. Einmal, wenn er sicher weiß, dass die Krankenkasse oder andere sozialrechtliche Kostenträger nicht vollständig einspringen wird (rechtlich wird das positive Kenntnis genannt). Aber er muss auch dann wirtschaftlich aufklären, wenn ihm dafür nur hinreichende, tatsächliche Anhaltspunkte bekannt sind.

Mehrkostenvereinbarung bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) und privatärztlicher Behandlung

Deshalb sollten Ärzte, soweit sie wissen, dass die Krankenkasse die Behandlungskosten nicht übernehmen wird, eine schriftliche (!) Mehrkostenvereinbarung mit den Patienten treffen. Das ist insbesondere bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) und natürlich bei privatärztlichen Behandlungen der Fall.

Checkliste: So führen Sie ein Aufklärungsgespräch

  • Klären Sie Ihren Patienten persönlich auf.
    Das Gesetz sieht die Aufklärungspflicht ausdrücklich beim Behandelnden selbst (§ 630e Abs. 1 BGB). Eine Delegation an nichtärztliches Personal ist nicht möglich. Stellen Sie deshalb sicher, dass Ihr Patient auch weiß, dass er gerade mit seinem behandelnden Arzt spricht.
  • Die Aufklärung muss in erster Linie mündlich erfolgen.
    Auf Unterlagen in Textform, die der Patient erhält, darf bei der Aufklärung nur ergänzend Bezug genommen werden (§ 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB). Geben Sie Ihrem Patienten deshalb Gelegenheit zu Rückfragen. Schließen Sie das Gespräch mit der Frage ab, ob Ihr Patient alles verstanden oder noch Fragen hat.
    Zur Erinnerung: Bei der wirtschaftlichen Aufklärung müssen die Informationen über die voraussichtlichen Kosten zusätzlich auch in Textform vorliegen. Trotzdem, auch hier muss immer die Möglichkeit zu Rückfragen bestehen.
  • Der Zeitpunkt der Aufklärung will gut gewählt sein.
    Die Aufklärung muss nach dem Gesetz “so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann”, § 630e Abs. 2 Nr. 2 BGB. Sie sollten deshalb darauf achten, dass das Aufklärungsgespräch nicht zu nah an der tatsächlichen Behandlung liegt. Sonst könnte sich der Patient überrumpelt und von der bevorstehenden Behandlung unter Druck gesetzt fühlen. Das kann dazu führen, dass seine Einwilligung unwirksam wird.
  • Dokumentation, Dokumentation, Dokumentation.
    Ein Arzthaftungsprozess steht und fällt mit der Beweislast. Und die liegt bei der Aufklärung allzu oft auf der Seite des Arztes, (siehe hierzu § 630h BGB, der die Beweislast bzw. Beweispflicht des Behandelnden zugunsten des Patienten regelt). Kommt es also einmal zum Prozess gegen Sie, muss einwandfrei dokumentiert sein, dass Sie Ihren Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt haben. Alle abgegebenen Einwilligungen sollten deshalb (auch) schriftlich vorliegen. Vor allem, wenn Sie mit dem Patienten eine Mehrkostenvereinbarung treffen, sollten Sie durch ein Schriftstück mit Unterschrift nachweisen können, dass der Patient wusste, welche Kosten auf ihn zukommen.
    Achtung: Patienten haben zudem Anspruch auf eine Durchschrift ihrer Einwilligungserklärungen. Vergewissern Sie sich deshalb, Ihren Patienten immer eine solche Durchschrift mitzugeben und lassen Sie sich den Erhalt wiederum schriftlich bestätigen. Dies hat auch Bedeutung in strafrechtlicher und schadensersatzrechtlicher Hinsicht und nicht nur in Bezug auf die wirtschaftliche Aufklärung.

All das mag kleinlich klingen. Aber wenn es tatsächlich einmal zu einem Prozess gegen einen Arzt kommt, ist gute Vorbereitung das beste Mittel zur Verteidigung.

Aktuelles Urteil: Wie mangelhafte Aufklärung zu Schadensersatzansprüchen für den Patienten führt

Dass die wirtschaftliche Aufklärung ein brisantes und hochaktuelles Thema ist, zeigt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Celle (Urteil vom 30.01.2017 – Az. 1 U 15/16). Im konkreten Fall hatte ein Zahnarzt bei einem Kassenpatienten eine Zahnersatzbehandlung mit Gesamtkosten in Höhe von mehr als 100.000 Euro geplant. Kurz vor Beginn der Behandlung nahm der Arzt dann eine wirtschaftliche Aufklärung vor – auf der Grundlage von insgesamt 57 Formularen. Zu viel, vor allem zu viel auf einmal, entschied das OLG Celle. Es sei “völlig unverständlich und als grober Behandlungsfehler zu werten”, dass der Zahnarzt nur zwei Tage nach der Erstvorstellung einen so umfangreichen und kostenintensiven Eingriff vornehmen wollte. Gerade, wenn sich auch günstigere Behandlungsalternativen aufdrängen, muss der Arzt mit dem Patienten darüber sprechen. Denn letztlich ist es die alleinige Entscheidung des Patienten, sich für oder gegen den Eingriff zu entscheiden. Und für die meisten Patienten ist das Kostenrisiko dabei eine elementare Entscheidungsgrundlage.

Das Gericht entschied: Fehlt die wirtschaftliche Aufklärung ganz oder teilweise, kann der Patient dem Arzt einen Schadensersatzanspruch entgegenhalten. Dieser stellt den Patienten dann von all den Gebühren frei, die vom sozialversicherungsrechtlichen Kostenträger (in aller Regel also der Krankenkasse) nicht übernommen werden.

Vorsicht bei Sprachbarrieren

Auch die Behandlung von Patienten, die nicht Deutsch sprechen, gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Nicht nur die aktuelle Flüchtlingskrise führt zu immer mehr ausländischen Patienten. Auch bei ganz gewöhnlichen Sommertouristen, Austauschschülern oder -studenten oder Geschäftsreisenden kann es vorkommen, dass Patienten sich weder auf Deutsch noch auf Englisch mit Ihnen verständigen können. Das sollten Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn: die Aufklärung muss für jeden Patienten verständlich sein (§ 630e Abs. 2 Nr. 3 BGB).

Im Zweifel geht die Rechtsprechung sogar so weit, dass Sie das Aufklärungsgespräch über einen Dolmetscher führen müssen, damit Ihr Patient eine wirksame Einwilligung abgeben kann. Doch natürlich muss Ihr erster Blick nicht immer in Richtung Telefon gehen, um gleich einen Dolmetscher anzufordern. Auch Angehörige des Patienten, Bekannte oder Mitreisende können beim Aufklärungsgespräch vermitteln. Noch besser: Sie haben sprachkundige Schwestern oder Pfleger in der Nähe, die für Sie übersetzen. Fehlt all das aber, muss in letzter Konsequenz tatsächlich ein Dolmetscher her.

Fazit & Ausblick: Aufklärung ist mehr als eine bloße Formalität

Die Aufklärung gehört nach der Rechtsprechung zu den Hauptpflichten des Arztes aus dem Behandlungsvertrag. Sie ist deshalb viel mehr als eine bloße Formalität. Fehler beim Aufklärungsgespräch können, wie oben gezeigt, zu weitreichenden Konsequenzen führen. Und vor allem Fehler bei der wirtschaftlichen Aufklärung kommen Sie im Ernstfall teuer zu stehen. Aber solche Fehler sind eben oft auch ganz leicht zu vermeiden, wenn man das System der Aufklärungspflichten einmal durchschaut hat.

Wenn Sie sich beim Aufklärungsgespräch mit Ihren Patienten noch unsicher fühlen oder mehr über die Aufklärung erfahren möchten, zögern Sie nicht uns zu fragen. Wir unterstützen Sie gern! Als Experten im Medizinrecht stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Seite. Vereinbaren Sie dazu einfach einen persönlichen Beratungstermin in unserer Kanzlei.

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